Tierarztkosten: Wissenswertes zur neuen Gebührenordnung
23.10.2023 - Lesedauer: 4 Minuten
Seit November 2022 sind die Kosten für viele tierärztliche Behandlungen deutlich höher als zuvor. Der Grund: eine neue Gebührenordnung für Tierärztinnen und Tierärzte (GOT). In diesem Beitrag klären wir auf, warum die Preise gestiegen sind und was das für die Branche bedeutet.
Warum gibt es überhaupt eine GOT und wer erlässt sie?
Die GOT ist eine Gebührenordnung, in der (nahezu) alle tierärztlichen Leistungen aufgeführt sind: Allgemeinuntersuchungen, Injektionen, Kosten für eine Kastration, Narkose usw. Diese Posten erscheinen dann in der Rechnung.
Erlassen wird die GOT vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) – sie ist also eine rechtsbindende Verordnung, an die sich Tierärzt:innen halten müssen. Die GOT gilt für alle Tierärzt:innen, für die Telemedizin und seit der neuen GOT auch für GmbHs – also große Ketten wie AniCura oder Evidensia.
Die Gebührenordnung soll sicherstellen, dass im Wettbewerb zwischen Tierärzt:innen nicht der Preis, sondern die Qualität der Leistung entscheidend ist – wie auch in der Humanmedizin oder in der Anwaltschaft. Auch Investitionen in Ausstattung und Fortbildung sollen ermöglicht werden – Fortbildungen sind für Tierärzt:innen verpflichtend.
Diese hohen Qualitätsstandards haben ein Ziel: die Sicherung von Tiergesundheit auf höchstmöglichem Stand der Wissenschaft, mit anderen Worten: Tierschutz und – insbesondere in Bezug auf Nutztiere – auch Verbraucherschutz.
Wie kommt es zu der Neuerung und warum wird der Tierarztbesuch teurer?
Die „alte“ GOT war von 1999. Daher hat die Bundestierärztekammer bereits 2012 eine Neuerung dieser Verordnung gefordert. Dieser Forderung kam das BMEL nun nach – zehn Jahre nach dieser Forderung, 23 Jahre nach der letzten Überarbeitung. Die Tiermedizin hat sich seitdem stetig weiterentwickelt. Heute kommen Verfahren und Methoden ganz selbstverständlich zum Einsatz, die es vor 23 Jahren noch gar nicht gab und die daher in der alten GOT fehlten, zum Beispiel Hausbesuche, CT- und MRT-Untersuchungen.
Zudem werden einige Tierarten wie Reptilien und Vögel, die heutzutage häufige Patienten sind, erstmals überhaupt nach Tierart unterschieden. Vorher gab es nur die Kategorie „Wildtier/Zootier“.
Immerhin: Die Gebührenordnung wurde im genannten Zeitraum zweimal pauschal um 12 % erhöht. 2020 wurde sie um die „Notdienst-GOT“ ergänzt, in der die Notdienstgebühr von 50 € netto verankert wurde.
Ein Posten für Telemedizin fehlt leider nach wie vor – als Alternative müssen Tierärzt:innen als Leistung eine „Beratung im einzelnen Fall ohne Untersuchung (auch schriftlich oder fernmündlich)“ abrechnen.
Wichtig zu wissen: Die neue Verordnung basiert auf einer 2020 vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) beauftragten Studie, der Befragung von Praxisinhaber:innen und Interviews mit Fachleuten sowie Stellungnahmen von Verbänden. So ließen sich die durchschnittlichen Kosten einer wirtschaftlich geführten Tierarztpraxis ermitteln. Das geschah vor der derzeitigen wirtschaftlichen Entwicklung inklusive der damit verbundenen Inflation. Das Ergebnis der Studie, das bei einer 23 Jahre alten Gebührenordnung nicht verwunderte, war: Die Gebühren müssen (teilweise deutlich) steigen, damit überhaupt ein positiver Umsatz möglich ist.
- Übrigens:Etwa 75 % des Umsatzes entfallen auf die Betriebskosten einer Praxis selbst – also Räumlichkeiten, Ausstattung, Verbrauchsartikel, Energie, Personal, Fortbildungspflicht etc.
Inwiefern wertet die neue GOT das Berufsbild der Tierärzt:innen auf? Was wird dadurch perspektivisch besser?
Durch steigende Kosten für den regulären Praxisbetrieb, höhere Löhne für Personal und angemessene Arbeitszeiten unter Berücksichtigung des Arbeitsschutzes war es in der Vergangenheit häufig nicht möglich, mit tierärztlichen Leistungen ein für die Qualifikation angemessenes Gehalt zu verdienen.
Nur eine Praxis, die nicht nur gerade so die Kosten für ihren Betrieb deckt, sondern darüber hinaus auch Investitionen in Personalqualifikation, Gehälter, Ausstattung und modernste Technik tätigen kann, stellt letztlich ein qualitativ hochwertige tiergesundheitliche Versorgung für Tiere – und damit ein hohes Maß an Tierwohl – sicher.
Die aktuelle Situation der mangelnden tiermedizinischen Versorgung (Wegfall des Notdienstangebots, Praxisschwund, Fachkräftemangel usw.) zeigt deutlich auf, dass wir einen Wandel in der Tiermedizin benötigen.
Durch mindestens kostendeckende Einnahmen sollen sich die Arbeitsbedingungen in der Praxis verbessern und das Berufsbild wird wieder interessant. Derzeit werden mehr als 25 % aller Menschen, die ein Tiermedizinstudium absolvieren, nicht zu praktizierenden Tierärzt:innen – Tendenz steigend.
Du willst mehr über die neue Gebührenordnung erfahren? Dann lies unseren ausführlichen Magazinbeitrag inklusive Berechnungsbeispielen und Vorsorgetipps:
Tierarztkosten: Alles Wissenswerte zur neuen Gebührenordnung (GOT)