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Wallach, Hengst und der Unterschied im Wesen

16.05.2024 - Lesedauer: 6 Minuten

Wallach Pferd galoppiert

Männliche und weibliche Pferde kennt jeder: Hengste und Stuten. Ist jedoch vom Wallach die Rede, kommen Laien ins Grübeln. Dabei ist die Sache ganz einfach: Ein Wallach ist schlicht ein kastrierter Hengst. Solche „gelegten“ Pferde haben, was ihre Haltung und den Umgang betrifft, ihre Vorzüge. Besonders deutlich wird das angesichts ihres weniger dominanten, umgänglicheren Verhaltens nach der Operation. Hier erfährst du mehr über Wallach, Hengst und den Unterschied zwischen beidem.

Woher kommt der Begriff „Wallach“?

Sprachwissenschaftlich lässt sich nicht präzise belegen, wie die Bezeichnung „Wallach“ beim Pferd entstanden ist. Der gängigsten Theorie nach ist es eine Bezugnahme auf die Walachei, eine Region im heutigen Rumänien. Die Praxis, ein Pferd zu „legen“, wie es fachsprachlich heißt, soll dort ihren Ausgangspunkt haben.

Ein veraltetes Synonym lautet „Mönch“ – eine Anspielung auf die erzwungene Enthaltsamkeit, in der der tierische Kastrat leben muss. Davon abgeleitet wurden im Deutschen regional Worte wie „Minch“, „Münch“ oder als Verkleinerungsform „München“ verwendet. „Mönch“ ist übrigens weiterhin die offizielle Bezeichnung für einen kastrierten Ziegenbock.

Wallache gibt es nicht exklusiv unter Pferden: Der Begriff wird auch bei Eseln, Kamelen, Lamas und Alpakas genutzt.

Welche Vorteile hat es, einen Hengst zu kastrieren?

Bei Haustieren hat die Kastration vor allem den Anlass, unerwünschtem Nachwuchs vorzubeugen und geschlechtstypische Angewohnheiten zu unterbinden, etwa die Reviermarkierung mit Urin.

Bei Pferden kommt noch ein relevanter Sicherheitsaspekt hinzu. So gelten Hengste als deutlich schwieriger im Umgang. Potente männliche Pferde sind in der Regel keine geeigneten Tiere für Freizeitreiter oder Anfänger. Natürlich gibt es auch hier individuell brave, entspannte und umgängliche Ausnahmefälle. Eine gewisse Unberechenbarkeit ist bei der Hengsthaltung jedoch stets gegeben. Als Reitpferde benötigen sie Menschen, die sowohl über viel Pferdeerfahrung als auch ausreichend Kraft verfügen, um sich im Zweifel körperlich durchsetzen zu können.

In einer Pferdegruppe kommen weitere Schwierigkeiten hinzu. So lassen sich Hengste kaum harmonisch in Herden integrieren. Sie probieren dort, eine dominante Rolle einzunehmen und zu verteidigen, was zu Rangkämpfen und Verletzungsrisiken führen kann. Sind rossige Stuten in der Herde, wird der Hengst seiner Natur folgen – sicherlich nicht zur Freude der Stutenbesitzer. Kann der Hengst seine sexuellen Triebe dauerhaft nicht befriedigen, können daraus massive Verhaltensstörungen erwachsen, die das Tier unberechenbar und gefährlich machen.

Die Hengsthaltung ist somit nur in einer „Männergruppe“, auf einer separaten Koppel und von Stuten getrennter Stallunterbringung möglich. Das bedeutet einen erheblichen Mehrbedarf an Platz, Räumlichkeiten und Ressourcen.

Sollte der Hengst, selbst bei räumlicher Distanz, die Witterung einer rossigen Stute aufnehmen, versucht er möglicherweise, sich den Weg dorthin zu bahnen. Das bedeutet Gefahr für Menschen, die versuchen, sich ihm in den Weg zu stellen, und für den Hengst selbst, falls der beim Ausbruchsversuch Zäune und Box zerlegt, entweicht und schlimmstenfalls in den Straßenverkehr gerät.

Kurz gesagt: Sofern du nicht den festen Vorsatz hast, mit einem Hengst zu züchten, solltest du dir den Aufwand und dem Tier den hormonellen Stress ersparen. Lass dein Hengstfohlen zum gegebenen Zeitpunkt kastrieren oder entscheide dich bei einer Neuanschaffung gleich für einen Wallach. In Deutschland sind übrigens rund 90 Prozent aller männlichen Pferde kastriert.

In welchem Alter sollte ein Pferd kastriert werden?

Pferde erreichen die Geschlechtsreife (je nach Rasse) mit 12 bis 18 Monaten. Üblicherweise findet die Kastration im zweiten Lebensjahr des Hengstes statt. Zu diesem Zeitpunkt ist bei Rassetieren meist absehbar, ob das Tier erhaltenswerte Anlagen als Deckhengst mitbringt. Empfohlen wird, das Pferd bis zum vierten Lebensjahr legen zu lassen. Eine spätere Kastration ist medizinisch zwar möglich, jedoch solltest du bedenken, dass einerseits mit dem Alter generell das Risiko bei OPs steigen kann. Zum anderen können sich über die Jahre „Hengstmanieren“ verfestigen, denen auch mit sinkendem Testosteronspiegel schwer beizukommen ist.

Kann ein Wallach noch decken?

Nach der Kastration verliert der Hengst nicht seine anatomischen Features! Du wirst durchaus weiterhin beobachten, dass das Tier Erektionen hat. (In der Fachsprache nennt man das „Ausschachten“.) Das passiert beispielsweise während der Arbeit, wenn das Tier sehr motiviert ist, oder sich beim Dösen entspannt. Manche Wallache versuchen bei sich bietender Gelegenheit noch, Stuten zu begatten; natürlich ohne das Risiko, ungewollten Nachwuchs zu zeugen.

Achtung: Nach der Kastration sind Pferde noch etwa bis zu sechs Wochen lang zeugungsfähig. Du solltest diese Frist abwarten, bevor du den Wallach mit Stuten vergesellschaftest.

Wie läuft die Kastration bei Pferden ab?

Obwohl auch eine Sterilisation, also die Verödung und Durchtrennung der Samenleiter, beim Hengst möglich ist, wird in der Regel „blutig“, das heißt operativ kastriert. Dabei werden Hoden und Nebenhoden chirurgisch entfernt. Im Gegensatz zur Sterilisation, die „nur“ die Fortpflanzungsfähigkeit vereitelt, werden durch die Kastration hormonell gesteuerte Verhaltensweisen reduziert.

Wenn möglich, solltest du den Eingriff in der kalten Jahreszeit durchführen lassen, und zwar aus einem praktischen Grund. Im Winter ist die Wahrscheinlichkeit, dass Fliegen oder Mücken die heilende OP-Narbe anfliegen, geringer. Zudem mildert Kälte gegebenenfalls Schwellungen.

Vor der OP musst du einige Entscheidungen treffen.

  • Ort: Der Veterinär kann die OP direkt am Stall oder auf der Weide vornehmen; alternativ bringst du das Pferd zur Tierklinik. Im (seltenen) Fall von Komplikationen wäre dort medizinische Notfallversorgung möglich.
  • Technik: Hoden und Nebenhoden sind vom Scheidenhautfortsatz (einer Ausstülpung des Bauchfells nach außen) und vom Hodensack überzogen. Bei der „unbedeckten“ Kastration werden beide Hautschichten geöffnet, sodass die Hoden herausfallen und entfernt werden können. Die Wunde wird anschließend nicht vernäht. Das ermöglicht das Abfließen von Bakterien mit dem Wundwasser. Da dabei ein Zugang zur Bauchhöhle entsteht, ist dieses Verfahren mit größeren Risiken, etwa Infektionen, verbunden. Bei der „bedeckten“ Kastration wird der Scheidenhautfortsatz mitsamt Samenstrang abgebunden und damit verschlossen; erst dann werden die Hoden entfernt.
  • Narkose: Die Kastration „im Stehen“ erfolgt unter Beruhigungsmittel und örtlicher Betäubung. Das „liegende“ Kastrieren wird unter Vollnarkose durchgeführt. Das hat OP-technisch einige Vorteile (bessere Sicht auf den Eingriff, Vermeiden von unwillkürlichen Bewegungen), ist jedoch aufwendiger und teuer.

Sicherlich fragst du dich, wie teuer die Kastration beim Pferd ist. Die Kosten schwanken zwischen 250 und 500 Euro, abhängig unter anderem von oben genannten Einzelfaktoren. Dein Tierarzt informiert dich ausführlich über die anfallenden Posten für die Operation.

Was ist bei der Pflege eines kastrierten Pferdes zu beachten?

Beim Wallach gehört, neben den üblichen Handgriffen, die Pflege der Genitalien zu den Aufgaben. Du solltest diese intimen Stellen, sofern das Pferd dies zulässt, ab und zu abwaschen. Dadurch nämlich, dass der Wallach gewöhnlich deutlich weniger Erektionen hat, lösen sich Rückstände von Urin, Sperma, Hautresten und Schmutz unter der Vorhaut weniger regelmäßig auf natürliche Weise. Das kann dazu führen, dass Ablagerungen sich verdichten, verhärten und dabei den Abfluss von Urin behindern. Der Wallach sollte mindestens jährlich auf sogenannte Smegmasteine untersucht werden. Das lässt sich zum Beispiel mit dem Impf- oder Zahnkontroll-Termin verbinden.

Welcher Unterschied ist bei Hengst und Wallach im Charakter gegeben?

Da der Organismus des Kastraten kaum noch Testosteron produziert, werden die Tiere erheblich ruhiger und umgänglicher gegenüber Artgenossen und Menschen. Der hormonell gesteuerte Druck zu Territorialverhalten und Dominanzgehabe sinkt und die Sexualtriebe sind weitestgehend ausgeschaltet. Dadurch können Wallache mit Stuten und anderen Wallachen im Gruppenverband gehalten werden.

Im Gegensatz zum selbstbewussten, dominanten Hengst geben Wallache sich Menschen gegenüber meist gelassener, ausgeglichener und neigen nicht zu „Diskussionen“, wie man sie von Hengsten oder eigenwilligen Stuten kennt. Sie tendieren dazu, es ihrem Menschen „recht machen“ zu wollen. Diese generell höhere Kooperativität lässt so manchen Wallach für Menschen mit geringerer Pferdeerfahrung zu einem im Umgang angenehmeren Partner werden, auf den man sich verlassen kann.

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