Isländer: die „Wikingerpferde“ aus dem Norden
25.04.2025 - Lesedauer: 10 Minuten

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Vergleichsweise klein, mit üppiger Wuschelmähne und starken Nerven: Islandpferde, kurz als Isländer oder „Islandponys“ bekannt, sind eine der ursprünglichsten europäischen Pferderassen. Auch abseits ihrer Heimat im hohen Norden haben die kompakten Tiere eine Menge Fans. Ihr freundlicher Charakter macht sie zu idealen Partnern für Klein und Groß. Reitern bieten sie mit ihrer speziellen Gangart, dem Tölt, ganz besonderen Komfort. Erfahre hier Wissenswertes über die lässigen Fünfgänger.
- Ursprung: Seit wann gibt es Isländer?
- Steckbrief Isländer
- Sind Isländer Warm- oder Kaltblüter?
- Warum haben nur Isländer fünf Gangarten?
- Warum können Islandpferde tölten?
- Was ist der Unterschied zwischen Tölt und Trab?
- Sind Isländer für Anfänger geeignet?
- Wie viel Kilogramm können Islandpferde tragen?
- Haltung: Kann man Isländer mit anderen Pferden halten?
- Gesundheit: Welche Krankheiten sind typisch für Isländer?
- Fazit: Die Faszination der Islandpferde
Das Wichtigste in Kürze:
- Islandpferde sind für ihren freundlichen und ausgeglichenen Charakter bekannt. Sensibel passen sie sich an ihre Menschen an und sind sowohl für gemütliche Ausritte als auch für sportliche Herausforderungen geeignet.
- Eine Besonderheit der Isländer ist ihre fünfte Gangart, der Tölt, der ein besonders angenehmes und erschütterungsfreies Reiten ermöglicht.
- Isländer gelten außerdem als äußerst robust und widerstandsfähig gegenüber rauen Witterungsbedingungen. Durch jahrhundertelange Zucht gelten sie heute zudem als besonders reinblütig.
Ursprung: Seit wann gibt es Isländer?
Die ersten Pferde setzten ihren Huf Mitte des neunten Jahrhunderts auf die Insel im Nordatlantik. Emigrierende Wikinger aus Norwegen hatten ihre Reittiere dorthin mitgebracht: Mixe aus keltischen und germanischen Ponyrassen. Diese „Startpopulation“ dürfte aus besonders starken und gesunden Tieren bestanden haben. Schließlich ist anzunehmen, dass nur die allerbesten Pferde auf die gefährliche Seereise mitgenommen wurden.
Die Wikinger brachten von ihren Reisen weitere erbeutete Pferde mit, der Legende zufolge wurde jedoch bald der „Import“ anderer Pferderassen nach Island untersagt. Seit 1909 ist ein solches Verbot ausdrücklich gesetzlich fixiert. Hintergrund ist der Seuchenschutz: Auf Island gibt es kaum Pferdekrankheiten und es sollen keine eingeschleppt werden. Nicht einmal in Island geborene, exportierte Tiere dürfen in ihre Heimat zurückkehren.
Durch die isolierte Insellage gelten Isländer heute als eine der reinblütigsten Rassen überhaupt. Der Umstand, dass es auf Island keine Fressfeinde wie Wölfe oder Bären gab, trug ebenfalls zur erfolgreichen Vermehrung der Tiere bei.
Islandpferde sind ein wichtiger Bestandteil der isländischen Kultur: Bis in die Zwanzigerjahre gab es auf der Insel kein Straßennetz. Wer sich schneller fortbewegen oder Dinge transportieren wollte, war auf die Hilfe der stämmigen, zuverlässigen Vierbeiner angewiesen. Die Einwohner Islands haben traditionell somit eine besondere Beziehung zu ihren Pferden.
Mitte des 19. Jahrhunderts begann die Verbreitung der isländischen Kleinpferde über ihre Heimat hinaus, indem sie in großem Stil vor allem nach Großbritannien verkauft wurden. Die geringe Größe der Isländer prädestinierte sie als Arbeitspferde in Bergbaustollen.
Aber seit wann gibt es Islandpferde in Deutschland? Populär wurde die Rasse hierzulande in den Fünfzigerjahren, woran nicht zuletzt die „Immenhof“-Filmklassiker einen wichtigen Anteil hatten. Der erste Isländer-Zuchtverband wurde in Deutschland im Jahr 1969 gegründet und fungiert als Dachverband für 22 internationale Islandpferd-Verbände mit zusammen über 80.000 Mitgliedern. Aktuell leben etwa 60.000 Isländer in Deutschland. Nach Island zählt Deutschland sogar als zweitgrößtes Zucht- und Exportland für diese besondere Pferderasse.
SteckbriefIsländer
Rasse | Islandpferd |
Typ/Art | Warmblut |
Herkunftsland | Island |
Stockmaß | 135 bis 148 Zentimeter (sogenanntes Kleinpferd) |
Gewicht | 300 bis 500 Kilogramm |
Farben & Fellzeichnungen | 40 Grundfarben mit 100 Farbvarianten, ausgenommen Tigerschecken |
Aussehen | Robust, kompakter „Ponytyp“ oder schlankerer „Reitpferde-Typ“ |
Charakter | Nervenstark, gutmütig, sozial |
Geeignet für | Vielseitiges Freizeitpferd, Trekkingreiter |
Sind Isländer Warm- oder Kaltblüter?
Isländer sind Warmblüter – und als solche bestens an die rauen Bedingungen in ihrer Heimat angepasst. Das dichte Fell schützt sie selbst gegen eisige Temperaturen.
Allerdings: Wenn du nicht gerade im rauen Gebirge unterwegs bist, ist es in Island gar nicht so kalt, wie man immer denkt. Zwar wird es in Deutschland im Sommer im Schnitt deutlich wärmer. Doch die Winter in Island sind nicht viel strenger als hierzulande: Im Dezember, Januar und Februar liegt die durchschnittliche Monatstemperatur auf der Insel im hohen Norden nur ein bis zwei Grad unter den Temperaturen in Mitteleuropa.
Sind Isländer Pferde oder Ponys?
Von der Körpergröße her müsste ein Isländer eigentlich ein Pony sein, die meisten Tiere dieser Art sind am Widerrist nämlich deutlich kleiner als die 1,48 Meter, die die Grenze zwischen Pferd und Pony markieren. Doch es gibt weitere Kriterien, festgelegt durch den Internationalen Reitsportverband (Fédération Equestre Internationale). Das Temperament, sowie das Exterieur und die Nutzung gilt hier als entscheidender Punkt, weswegen Isländer zu den Pferden gerechnet werden.
Außerdem haben die Menschen in Island ihre Isländer seit jeher als Pferde betrachtet. Sowohl in Island als auch außerhalb hat sich darum die Charakterisierung dieser Tiere als Pferde längst durchgesetzt.
Warum haben nur Isländer fünf Gangarten?
Isländer haben fünf Gangarten: Schritt, Trab, Galopp, Pass und Tölt. Sie sind jedoch nicht die einzige fünfgängige Pferderasse weltweit, denn auch Mongolische Steppenpferde beherrschen all diese fünf Gangarten. Beiden Rassen gemein ist, dass eine genetische Mutation des DMRT3-Gens diese zusätzlichen Gangarten ermöglicht. Das Gen koordiniert die Bewegungen der Pferde.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vermuten, dass die Beschaffenheit der mongolischen Steppe schon vor Jahrtausenden – zumindest bei einigen Tieren – zu dieser Mutation beigetragen hat. Für Island gilt das ebenfalls. Tatsächlich wurde zwischen den Mongolischen Pferden und Isländern eine enge genetische Verwandtschaft festgestellt. Der große Unterschied: Durch die Abgelegenheit Islands und die jahrhundertelange Zucht der Isländer ohne die Kreuzung mit „fremden“ Pferderassen beherrschen nahezu alle Pferde dieser Rasse auch Tölt und Pass. Bei den mongolischen Verwandten sind es nur einige.
Warum können Islandpferde tölten?
Eine genetische Mutation sorgt dafür, dass Islandpferde tölten können. Zusätzlich beherrschen sie auch den Pass, eine noch speziellere Gangart. Bei dieser berühren immer die beiden Beine einer Seite den Boden. Da bei diesen Gangarten der Rücken des Pferdes weniger auf und ab schwingt, sind sie für Menschen besonders bequem.
Im Mittelalter galten Pferde mit diesem Können sogar als besonders wertvoll und wurden gerne vom Adel gehalten. Demnach liegt der Ursprung von Tölt und Pass keineswegs im Norden, sondern lässt sich in vielen Ländern nachweisen. Das Verschwinden lässt sich mit der Veränderung in der Nutzung von Pferden erklären. Früher wurde viel auf den Rücken der Pferde gereist, sodass die komfortablen Gangarten gezielt gezüchtet wurden. Doch mittlerweile gibt es andere Fortbewegungsmittel und so werden Pferde heute vor allem zum Sport- oder Freizeitreiten genutzt. In Island hingegen blieb der Tölt nicht zuletzt aufgrund des unwegsamen Geländes wichtig und dank der reinrassigen Züchtung bis heute erhalten.
Was ist der Unterschied zwischen Tölt und Trab?
Der maßgebliche Unterschied zwischen Tölt und Trab liegt in der Taktart. Während im Trab immer die diagonal gegenüberliegenden Beine gleichzeitig benutzt werden, also vorn rechts mit hinten links sowie vorn links mit hinten rechts, besteht der Tölt aus vier Takten. Dabei werden alle vier Beine einzeln gesetzt, jedoch in einer anderen Phasenfolge als etwa beim Schritt. Das hängt damit zusammen, dass das Pferd beim Tölt läuft – und nicht „geht“.
Das führt dazu, dass der Tölt deutlich stabiler ist als Trab und Galopp, da es hier keine Schwebephase gibt. Das Reiten ist nahezu erschütterungslos, und das bei variablen Geschwindigkeiten vom Schritt bis ins fortgeschrittene Galopptempo.
Sind Isländer anders zu reiten?
Isländer sind tatsächlich anders zu reiten, was direkt mit der Vielfalt der Gangarten zusammenhängt. Pass und vor allem Tölt erfordern eine Anpassung der Reiter, wobei gerade der Tölt doch sehr bequem für Reiter ist. Das ist auf langen Ausritten vorteilhaft und sehr angenehm, auch wenn es etwas Gewöhnung braucht.
Sind Isländer für Anfänger geeignet?
Isländer können, abhängig vom jeweiligen Pferd und dessen Charakter, Alter sowie Ausbildungsstand auch für Anfänger geeignet sein. Die Pferde gelten als gutmütig, mutig und lassen sich so schnell nicht aus der Ruhe bringen. Ihre Gelassenheit und Unkompliziertheit, kombiniert mit Arbeitsfreude und Zuverlässigkeit sind eine hervorragende Grundlage für eine vertrauensvolle Pferd-Reiter-Beziehung.
Das zeigt sich bei dem bemerkenswerten Feingefühl, mit dem die Tiere sich auf verschiedene Reiter und deren Fähigkeiten einstellen und entsprechend reagieren. Ob ein Kleinkind seine ersten Runden auf dem Pferderücken absolviert oder der Profi im Sattel ein Turnier bestreitet: Ein und dasselbe Islandpferd stellt sich einfühlsam auf alle denkbaren Szenarien ein.
Das umgängliche Wesen, seine Ausgeglichenheit und seine Vielseitigkeit gehören zu den wichtigsten Merkmalen, die den Isländer auszeichnen. Er interagiert gern mit seinen Menschen, verhält sich Artgenossen gegenüber sozial und ist dabei ausgesprochen genügsam.
Isländer sind durch ihre Lässigkeit und Trittsicherheit insbesondere für Trekkingritte durchs Gelände und das Freizeitreiten geeignet – für Einsteiger ebenso wie für Profis. Isländer können sich sowohl für die kleinen als auch für erwachsene Reitsportbegeisterte eignen. Ein Islandpferd sollte wie jedes andere Pferd auch behandelt werden: Es braucht ausreichend Sozialkontakt zu Artgenossen, regelmäßigen Auslauf und eine artgerechte Mischung aus geistiger und körperlicher Auslastung. Auch wenn Islandpferde robust und anpassungsfähig sind, sind sie keine „Alleskönner“, die ohne Rücksicht auf ihre individuellen Bedürfnisse gehalten werden können.
Jedes Tier ist ein Individuum
Das Islandpferd ist eine einzigartige und vielseitige Pferderasse, die für ihre Gutmütigkeit, Robustheit und besonderen Gangarten bekannt ist. Dennoch ist jedes Pferd ein Individuum mit eigenem Charakter, Temperament und persönlicher Geschichte. Faktoren wie Alter, Ausbildungsstand, Vorgeschichte, Gesundheit und individuelle Erfahrungen spielen eine große Rolle für das Verhalten und die Fähigkeiten eines Pferdes. Daher sollte jedes Islandpferd – wie jedes andere Pferd auch – immer individuell betrachtet und behandelt werden. Eine pauschale Beurteilung oder Erwartungshaltung wird weder der Rasse noch dem einzelnen Tier gerecht.
Wie viel Kilogramm können Islandpferde tragen?
Isländer sind mit fünf Jahren in der Lage, Menschen zu tragen, wenn man dabei schonend vorgeht. Das leichte Anreiten ist ab vier Jahren möglich. Voll leistungs- und belastungsfähig sind Isländer aber erst mit sieben Jahren, da die Entwicklung des Skeletts in der Regel bis dahin andauert. Dann ist der Isländer kräftig genug, um auch erwachsene Reiter zu tragen.
Laut „Tierärztlicher Vereinigung für Tierschutz e.V. in Deutschland“ kann ein kräftiger Isländer gut ein Viertel seines eigenen Körpergewichts tragen. Wiegt dein Isländer also 440 Kilogramm, so trägt er problemlos etwas über 110 Kilogramm. Allerdings sollten neben der Statur des Pferdes auch andere Faktoren berücksichtigt werden, etwa die Bemuskelung des Pferdes, der Gesundheitszustand, das Alter sowie die Reitausrüstung. Wie eine Forschungsarbeit der schwedischen Landwirtschaftsuniversität herausgefunden hat, hat eine gute Sitzhaltung einen positiveren Einfluss auf die Lastgrenze des Isländers als die exakte Höhe des Widerrists.

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Haltung: Kann man Isländer mit anderen Pferden halten?
Die optimale Haltungsform für deinen Isländer ist die Weidehaltung mit Offenstall, bei der das Tier selbst entscheiden kann, ob es sich im Unterstand oder im Freien aufhält. Diese Allwetterhaltung kommt dem robusten Naturell und der Ursprünglichkeit am nächsten. Am wohlsten fühlt sich das Kleinpferd in der Herde mit Artgenossen. Kontakt zu anderen Pferden ist ein absolutes Muss.
Doch wie verhält es sich mit anderen Rassen? In der Praxis zeigt sich, dass Isländer mit anderen Pferden gut zusammengehalten werden können. Wenn es Reibereien zwischen Pferden verschiedener Rassen gibt, dann liegt das eigentlich immer an der Persönlichkeit der Pferde selbst – und nicht an einem möglichen „Rassenkonflikt“.
Eine ausgewogene Ernährung mit hochwertigem Raufutter (Heu oder Weidegras) sollte die Basis bilden, da dies dem natürlichen Fressverhalten des Islandpferdes entspricht und die Verdauung fördert. Kraftfutter sollte nur in Maßen und individuell angepasst an das Bewegungspensum, den Energiebedarf, das Alter und auch möglichen Krankheiten des Pferdes gegeben werden, um Stoffwechselstörungen wie Insulinresistenz oder Hufrehe zu vermeiden.
Gesundheit: Welche Krankheiten sind typisch für Isländer?
Isländer sind durch ihre rassetypische Robustheit wenig anfällig für Krankheiten. Auf eiweißreichen Weiden besteht allerdings eine Disposition für Hufrehe und eine Reaktion auf Insektenstiche. Wie bei allen Pferden solltest du das Tier regelmäßig entwurmen und Zähne und Hufe kontrollieren. Die üppige Mähne und der Schweif müssen eingekürzt werden, sollten sie das Tier behindern.
Aufgrund ihrer robusten Gesundheit erreichen Isländer nicht selten ein beachtliches Alter: 40 Jahre und mehr sind nicht ungewöhnlich.
Manche Isländer leiden unter Allergien, wenn sie auf der Insel geboren sind und später umgesiedelt werden. Sie sind an die schroffen Bedingungen angepasst, die in ihrer Heimat herrschen. Bei einer Veränderung der Lebensumstände kann es zu allergischen Reaktionen kommen. Auch eine Gewichtszunahme ist möglich.
Fazit: Die Faszination der Islandpferde
Islandpferde sind mehr als nur eine alte Pferderasse – sie sind ein Stück gelebte Tradition und ein einzigartiger Begleiter für Pferdebegeisterte jeden Alters. Ihre robuste Natur, ihr ausgeglichener Charakter und die besondere Gangart des Tölts machen sie zu verlässlichen und vielseitigen Freizeitpartnern. Ob für lange Ausritte, als Familienpferd oder für sportliche Herausforderungen – Isländer passen sich ihren Reitern flexibel an und überzeugen mit Freundlichkeit und Nervenstärke.
Dank ihrer ursprünglichen Zucht und der jahrhundertelangen Selektion in Island sind sie widerstandsfähige und langlebige Pferde, die sich in der richtigen Haltung wohlfühlen und eine enge Bindung zu ihrem Menschen aufbauen. Wer ein gelassenes und trittsicheres Pferd sucht, findet im Isländer einen idealen Gefährten und vielleicht sogar einen Freund fürs Leben.